Samstag, 15. August 2009

Jesus und der Stein des Anstoßes

Manch einer wird sich wohl wundern, warum in den zufälligen Zitaten oben auf dieser Seite hin und wieder folgender Vers auftaucht:
"Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie."
- Johannes 8:7
Es mag anmuten, dass dieser Vers nicht so ganz zu den anderen, eher übleren Zitaten der Bibel passt. Doch wenn man etwas tiefer schaut, dann erkennt man hier einige der Wesenszüge des moral-pachtenden Christentums...

Das Johannes-Evangelium (entstanden 50 oder auch 150 Jahre nach der vermeintlichen Kreuzigung) berichtet folgendes. Herr J. unterrichtet seine Schüler im Tempel und wird unwirsch von den bösen Schriftgelehrten und den noch böseren Pharisäern unterbrochen. Diese haben eine Frau auf frischer Tat beim Ehebruch erwischt und wollen wissen, ob sie die Frau nun zu Tode steinigen sollen, wie es das alte Testament vorschreibt. Daraufhin schreibt Herr J. mit seinem Finger etwas in den Dreck (leider erfahren wir nicht was) und sagt anschließend sein bekanntes Sprüchlein auf. Die Menge hat ein Einsehen und verkrümelt sich.

Mit diesem kleinen Appell an das schlechte Gewissen rettet Jesus also das Leben der Frau - als Mittel zum Zweck genial! Das würde ich jeden Tag genau so machen und sonntags zweimal - wenn ich denn so naiv wäre zu glauben, dass das Ganze auch realistischerweise funktionieren könnte. Wer aber glaubt, dass an dieser Methode was dran sei, der verhindere bitte die nächste Steinigung im Iran.

Es ist allerdings durchaus positiv anzumerken, dass Jesus das alte Testament und seine unmenschlichen Regeln hinterfragt. Solch eine kritische Sicht auf althergebrachte Dogmen kann man sich für einige Vertreter des modernen Christentums ja nur wünschen. Leider enden damit auch schon die positiven Aspekte dieser kleinen Geschichte.

Warum hat dieser Trick funktioniert? Jesus appelliert an das diffuse, schlechte Gewissen der aufgebrachten Menge und die ziehen nur deswegen den Schwanz ein, weil sie tatsächlich ein diffuses, schlechtes Gewissen haben. Was für ein Menschenbild! Wir sind alles kleine, dreckige Sünder.

Genau ein solch negatives Menschenbild wird nicht nur in dieser Geschichte sondern im gesamten Christentum stillschweigend vorausgesetzt. So offenbart sich dieses unter Anderem in den ersten Sätzen, die missionierende Christen so von sich zu geben pflegen. "Hast Du noch nie was schlechtes gemacht?" oder "Die Welt ist doch schlecht!" wären prominente Beispiele dafür.

Weiterhin erkennt man eines der wichtigsten Kontrollmittel innerhalb des Christentums. Jesus benutzt das diffuse, schlechte Gewissen, um die Menge in seinem Sinne zu manipulieren - hier natürlich für einen guten Zweck. Aber es bleibt eben eine Manipulation mit dem schlechten Gewissen als Mittel zum Zweck. Genau deswegen ist den Christen das schlechte Gewissen auch so wichtig. Heute schon onaniert?

Zum Abschluss möchte ich noch die gesellschaftlichen Implikationen dieser netten Story beleuchten. Die Steinigung war damals eine übliche Strafe für Ehebrecher und Teil des irdischen, wenn auch aus dem alten Testament stammenden Gesetzes. Jesus verhindert nun die Ausübung dieses Gesetzes mit dem Hinweis, dass wir Sünder nicht das Recht hätten, über andere Sünder zu urteilen und sie gemäß unserer Gesetze zu bestrafen. Nur Gott darf über uns Menschen richten und uns bestrafen. Die Gesetze, nach denen wir hier auf der Erde leben, bedeuten nichts. Glühwürmchen der Moral eben.