Dienstag, 22. Juni 2010

Ich denke, dass ich denke, dass ich bin

Als ich vor einigen Monaten, die Frage, was man mit absoluter Sicherheit und ohne Annahmen wissen könne, mit nichts beantwortet habe, musste ich eine Ausnahme machen: Das Wissen um die eigene Existenz. Tatsächlich kann sich nämlich jeder leicht beweisen, dass zumindestens er/sie/es selbst existiert. Dafür muss man dem wohlbekannten und daher etwas ausgetretenen Pfad folgen, den der französische Philosoph Rene Descartes bereits 1641 in das Unterholz des Unwissens geschlagen hat.

Im Anfang steht der Zweifel

Die einzige Methode, die wir als Individuen zur Verfügung haben, um etwas über die Welt zu erfahren, ist es, sich den Sinnen zu bedienen. Wir können uns allerdings leicht davon überzeugen, dass unsere Sinne alles andere als perfekt arbeiten. So sehen wir Gesichter in Wolken, wo keine sind. Nehmen gleichhelle Quadrate als unterschiedlich hell wahr und können uns nicht wirklich entscheiden, in welche Richtung sich eine aufreizende Ballerina dreht. Eine gesunde Portion Zweifel scheint angebracht zu sein.

Könnten aber nicht auch unsere gesamten Sinneneindrücke eine Illusion sein? Vielleicht leben wir ja wirklich in der Matrix und sind aber eigentlich Gehirne, die, mit einem Computer verkabelt, in großen Marmeladen herumschwimmen. Gibt es da draussen überhaupt eine Welt? Gibt es überhaupt ein da-draussen? Und wenn wir schon beim Zweifeln sind, können wir uns überhaupt sicher sein, dass die eigenen Gedanken und somit wir selbst existieren?

Sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen

Es kann allerdings nicht daran gezweifelt werden, dass der Zweifel existiert. Wenn der Zweifel existiert, dann muss auch etwas existieren, dass zweifelt. Genau dieses zweifelnde Etwas, nennt man ich. Selbst wenn man so verrückt sein sollte, an der Existenz des Zweifels zu zweifeln, so muss es wieder etwas geben, dass den Zweifel bezweifelt. Man sieht also, dass man es mit dem Zweifeln beliebig fort treiben kann, irgendetwas - nämlich das, was zweifelt - wird immer übrig bleiben. 

Ich zweifel, also bin ich.

Wer zweifelt denkt

Damit haben wir also festgestellt, dass der Zweifel und das Ich mit absoluter Sicherheit existieren. Es taucht allerdings die Frage auf, mit welchem Werkzeugen das Ich, überhaupt zu dieser Erkenntnis gekommen ist. Die Antwort lautet: Logik und Gedanken. Logik ist das methodische (erkenntnistheoretische) Werkzeug dieses Gedankengangs, während die eigenen Gedanken, notwendige Voraussetzung für die Realisierung des Gedankengangs darstellen.

Ich zweifel, also denk ich. Ich zweifel, also bin ich. Deswegen: Cogito ergo sum - Ich denke, also bin ich.

Subjektivität dieser Erkenntnis

Ich hoffe, dass bereits jetzt klar sein sollte, warum diese Erkenntnis rein subjektiver Natur ist. Der obige Einwand, dass man in einer Computersimulation leben könnte, in der eben auch alle anderen Menschen nur simuliert wären, gilt auch weiterhin. Deswegen habe ich das Wissen um die eigene Existenz mit introperspektivisch bezeichnet. Es kann mir nämlich niemand mit der gleichen absoluten Sicherheit beweisen, dass er/sie/es existiert.

Diese Überlegung führt übrigens zu einer recht absurden Vorstellung, die aber trotzdem von vermutlich allen Menschen geteilt wird. Jedes Mensch kann sich selbst beweisen, dass er existiert - aber keinem anderem.

Solipsisten sind so einsam

Nun gibt es tatsächlich eine philosophische Strömung, die im Erkenntnisprozess nach diesem ersten Schritt in ängstlicher Starre stehen bleibt und sich Solipsismus (lat. für etwa: ich existiere allein) nennt. Der Solipsist akzeptiert nur, was er mit absoluter Sicherheit wissen kann und lehnt alle anderen Erkenntnisse als unzureichend begründet ab. Das einzige, was man nun mit absoluter Sicherheit wissen kann, ist - wie dargelegt - die eigene Existenz.

Genau diese einsame Gestalten möchte ich benutzen, um den vorgelegten Lernstoff in Witzform zu überprüfen.
Treffen sich zwei Philosophen auf einer Konferenz. Einer stellt sich mit den Worten vor: "Guten Tag, ich bin Solpsist." Der andere erwidert: "So ein Zufall. Ich auch! Es ist so selten, dass man anderen Solipsisten begegnet!"
Verstehste, Alda?