Dienstag, 27. Juli 2010

Logische Fehlschlüsse (14) - Argument von der Autorität

Beschreibung: Eine These wird mit dem Hinweis begründet, dass eine herausragende Persönlichkeit oder ein vermeintlicher Experte diese These teile.

Logische Struktur: A ist wahr, weil X sagt, dass A wahr sei.

Beispiel: "Isaac Newton war Christ." Oder "Sogar der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling war von der krebsvorbeugenden Wirkung hoher Vitamin C-Dosen überzeugt.*"

Beim Argument von der Autorität schwingt fast immer ein Vorwurf der Arroganz mit. So folgt nach der Berufung auf die Autorität - ausgesprochen oder verschwiegen - die Frage: "Willst Du wirklich behaupten, dass Du intelligenter als Newton seist?" Dabei wird der beschworenen Autorität implizit unterstellt, dass sie rationale Gründe für ihre Glaubensposition habe. Diese sind dann aber auf Nachfrage bedauerlicherweise nicht bekannt. Aber es gibt sie. Vertrau mir!

Bekanntlicherweise vertrete ich die These, dass sich das geistige Leben  mancher Gläubiger ungemütlich Nahe am Rande des Diagnostizierbaren bewegt. In diesem Lichte betrachtet, wird die Berufung der theistischen Grenzgänger zu mindestens nachvollziehbar. Unterstellt man  diesem nämlich ein gewisses Bewusstsein für seine Situation, dann soll die Berufung auf die Autorität vom (Selbst-)Vorwurf der Verrücktheit befreien. Und zwar in etwa so: "Genau wie Newton bin ich gläubig. Newton war nicht verrückt und deswegen bin ich auch nicht verrückt."

Wieso häufig versucht auch dieser logische Fehlschluss ein durchaus redliches Argument nachzuahmen. In manchen Diskussionen ist der Bezug auf Expertenaussagen, wissenschaftlichen Konsens (Klimaerwärmung) oder persönlich nicht überprüften Fakten (Fossiliendatierung) unvermeidlich. Zwar existiert Dank der prinzipiellen Überprüfbarkeit ein fundamentaler Unterschied zum autoritären Fehlschluss, aber die Grenzen sind sicherlich fließend. Man kann sich allerdings sicher sein, das Argument von der Autorität vor sich zu haben, wenn die berufene Autorität eben kein Experte für das betrachtete Thema ist. Newton war z.B. ein Fachmann für Mathematik, Physik und Alchemie, aber mit Sicherheit kein Experte für Gläubigkeit.



* Nein, das ist leider kein Scherz. Pauling, der erst den Nobelpreis in Chemie und einige Jahre später den Friedensnobelpreis bekam, wandte sich nach diesen Erfolgen bedauerlicherweise der Medizin zu. Hier glaubte er in Vitamin C ein Allheilmittel gefunden zu haben. Das ist mal ein Beispiel für Ignoranz auf Nobelpreisträger-Niveau.