Freitag, 8. Juli 2011

Sonntagsgottesdienst beliebter als meine Badewanne

Darf man sich über zwei Jahre alte Pressemitteilungen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) lustig machen? Natürlich nicht. Man muss.

Angesichts der langsam aber stetig schwindenden Bedeutung der Kirche, griff die EKHN zu einem -  wie diese wohl formulieren würde - verblüffenden Argument.
Sonntagsgottesdienst beliebter als Bundesligafußball
überschrieb sie eine Pressemitteilung vom 25. Mai 2009 und fuhr fort mit
Jeden Sonntag besuchen deutschlandweit mehr Menschen einen „normalen“ Evangelischen Sonntagsgottesdienst als ein Fußballspiel, nämlich zwischen 800.000 und 1 Millionen Menschen.
Quelle: www.ekhn.de
Zuerst sei mal negativ angemerkt, dass in der Überschrift nur von "Bundesligaspielen" die Rede ist, während diese im Text zu den allgemeineren "Fußballspielen" aufgebläht werden. Aber kann das wirklich sein? König Fußball kniet vor der angestaubten Kirche?

Offenbar ließ sich die EKHN in ihrer augenscheinlichen Verzweiflung zu überprüfbaren Aussagen hinreißen, was das allwissenden Internet natürlich unnachgiebig bestraft. So sahen denn die Zuschauerzahlen der nachfolgenden Saison 09/10 aus.

Stadt Fassungsvermögen Auslastung [%] Zuschauerschnitt
München 69622 100 69622
Bremen 33950 99,6 33814,2
Mainz 20300 99,5 20198,5
Hoffenheim 30150 99,2 29908,8
Schalke 61673 99,2 61179,62
Freiburg 24000 98,8 23712
Stuttgart 42101 98,4 41427,38
Wolfsburg 30000 98,1 29430
Hamburg 57000 98 55860
Leverkusen 30105 96,3 28991,12
Köln 50000 95,6 47800
Dortmund 80522 94,9 76415,38
Frankfurt 51500 91,2 46968
Nürnberg 46780 89,1 41680,98
Mönchengladbach 54067 88,4 47795,23
Bochum 31328 78,3 24529,82
Hannover 49000 76,2 37338
Berlin 74244 59,4 44100,94
Gesamt/Schnitt 836342 92,23 760771,96

Quelle: rp-online.de

Selbst wenn also die Bundesliga-Fußballstadien jeden Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen wären, wäre die vorhandene Kapazität gerade eben dazu ausreichend, die Zuschauerzahlen über das unteren Ende der von der EKHN angegebenen Spanne zu bewegen.

Mit gleichem Recht könnte die EKHN auch argumentieren, dass Gottesdienste beliebter sind als meine Badewanne.

Und wie würde wohl so ein Vergleich ausfallen, wenn man auf der einen Seite noch die katholischen Gottesdienstbesucher (plus alle Kleinsekten) und auf der anderen Seite alle Zweit und Drittligaspiele, Bezirks- und Kreisklassen, A-, B-, C- und D-Jugendspiele (Männer+Frauenfußball) mitnehmen würde?

Die Wahl des richtigen Gegners lässt doch jeden Zwerg wie einen Riesen erscheinen.

(Mit Dank an Noch ein Fragender)