Man lese sich den vielbeachteten Vortag von Erwin Teufel (CDU), ehemaliger Ministpräsident des Landes Baden-Württemberg, durch. In diesem vertritt Teufel überraschend viele Position, die ich auch als CDU-Stammnichtwähler unterstütze würde. Unter anderem macht sich Teufel für eine soziale Marktwirtschaft stark, fordert eine gerechteres Erziehungsgeld und positioniert sich hinter einer Finanztransaktionssteuer. Besonders beeindruckt hat mich Teufel mit seinem Hinweis auf die klassisch linke Position, dass "Wirtschaft kein Selbstzweck ist, sondern von Menschen für Menschen gemacht wird." Natürlich ist dieÜbereinstimmung zwischen unseren Position nicht vollkommen. So halte ich z.B. das förderale Bildungssystem in Deutschland für nichtmals ansatzweise nachvollziehbar.
Teufels Vortrag trieft jedoch vor christlichen Referenzen, die mich natürlich eher abstossen, aber eigentlich sehr schön zeigen, wozu das Christentum in solchen Diskussionen tatsächlich dient: Es bildet einen Erzählungsrahmen, der die einzelnen Position in eine Gesamtgeschichte einbetten soll. Das Problem ist nur: Der christliche Erzählungsrahmen ist für die Verteidigung von Teufels Positionen vollkommen überflüssig.
Diese Überflüssigkeit erkennt man meines Erachtens am Besten im folgenden kurzen Zitat:
"Wir orientieren uns an der Wirklichkeit, am Gemeinwohl, an den Grundrechten des Menschen und den Grundwerten des Christentums."
Quelle: faz.net
Als Anti-theist fühle ich mich natürlich erstmal zur folgenden Aussage genötigt: Setzt man voraus, dass die Grundwerte des Christentums nur dann überzeugend und damit relevant sein können, wenn Sie in der Tat irgendwie wahr wären, dann stehen diese in einem schönen Widerspruch zur Orientierung an der Wirklichkeit. Aber darauf will ich gar nicht hinaus.
Man streiche in Gedanken mal die Grundwerte des Christentums aus diesem Satz heraus, lese ihn nochmal und frage sich, ob Teufels Aussage nicht genau so viel Sinn ergibt wie vorher. Reicht die Orientierung an der Wirklichkeit, dem Gemeinwohl und den Menschenrechten nicht aus?
Ich würde sogar soweit gehen, dass die Aussage des Satzes verstärkt wird, wenn man den Hinweis auf die christlichen Grundwerte streicht. Letztere sind nämlich so diffus und undefiniert, dass sich alle Christen mit ihren unterschiedlichen und sich gegenseitig ausschliessenden Werten in dem Wort "christliche Grundwerte" wiederfinden kann. Deswegen erhöht der Hinweis auf die christlichen Grundwerte die Diffusität der Teufelschen Orientierungsforderung und schadet letztendlich der Diskussion.
Man lese sich den vielbeachteten Vortag von Erwin Teufel (CDU), ehemaliger Ministpräsident des Landes Baden-Württemberg, noch einmal durch und ignoriere dabei alle religiösen Referenzen. Ergibt der Vortrag nicht immer noch - wenn nicht gar mehr - Sinn?