Samstag, 13. Februar 2010

Dein imaginärer Freund (2)

Die Imaginär-These: Die persönliche Beziehung zur bevorzugten Gottheit ist identisch mit der persönlichen Beziehung zu einem imaginären Freund.

Das ist der zweiten Teil meines Beitrags über die imaginären Freunde unserer gläubigen Mitmenschen. Im ersten Teil habe ich gezeigt, dass der göttliche Begleiter des Gläubigen einer passiven Version des imaginären Freundes entspricht. Damit meine ich, dass der Gläubige sich seinen Freund nicht aktiv zusammen phantasiert, sondern dessen Existenz vom Unterbewusstsein vorgegeben wird. Mit dieser Unterscheidung konnte ich darlegen, warum der Gläubige den göttlichen Begleiter für real hält.



Nochmal: passiv erschaffener, imaginärer Freund

Im ersten Teil dieses Beitrages habe ich mich eines Tricks bedient, um zu zeigen, dass der imaginäre Freund in seiner passiven Variante tatsächlich existiert. Die an den Gläubigen gerichtet Frage „Stellst Du Dir Deinen göttlichen Begleiter einfach nur vor?“ muss dieser natürlich mit Nein beantworten. Wer mit gedacht hat, wird aber erkannt haben, dass ich hier eigentlich einen logischen Fehlschlusses benutzt habe: Das zu Beweisende voraussetzen. Wer hat es bemerkt? :)

Um diesen logischen Fehlschluss aufzulösen, brauche ich allerdings nicht mehr zu tun, als zu zeigen, dass es einen von den Selbstauskünften des Gläubigen unabhängigen Beleg für die Existenz imaginärer Begleiter in ihrer passiven Variante gibt.

Imaginäre Freunde sind unter Kindern wesentlich verbreiteter als man wohl im allgemeinen annimmt. Eine 2004 veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass 65% der Siebenjähigen einen imaginären Freund haben. Die meisten Kinder verlieren im Laufe ihrer Entwicklung ihren imaginären Freund. Bei manchem erhält sich dieser aber bis ins erwachsenen Alter und wird dann als Hinweis auf eine psychische Störung bewertet.

Unterstellt man diesen Erwachsenen nun, dass sie sich ihren imaginären Freund nicht aktiv zusammen phantasieren, ist der Beweis erbracht, dass es den imaginären Freund in seiner passiven Variante tatsächlich gibt. Damit steht der Gläubige nun vor dem Problem seinen göttlichen Begleiter von einem passiv erschaffenen, imaginären Freund zu unterscheiden.

Auch ein imaginärer Freund kann helfen

Obwohl ich die Imaginär-These des öfteren in Diskussionen verwende, kenne ich eigentlich nur ein Gegenargument (selbstverständlich bin ich an weiteren interessiert). Dieses lautet: Ein imaginärer Freund könnte niemals in einer schwierigen Situation helfen. Und wie immer, wenn man einen Satz liest, der mit leerlaufendem Gehirn beinahe Sinn ergibt, sollte man dieses einschalten und sich fragen: Ach, tatsächlich?

Bohrt man nämlich etwas tiefer, so findet man mitunter Gläubige, die behaupten, dass sie sich Dank ihres personalen, göttlichen Begleiters nicht alleine fühlen. Dieses Gefühl des Nicht-alleine-gelassen-werdens hilft ihnen dann schwierigen Zeiten zu überstehen. Damit fällt aber natürlich die gesamte Argumentation des Gläubigen in sich zusammen. So ist es doch gerade zu hirnverbrennend offensichtlich, dass ein imaginärer Begleiter natürlich das Gefühl der Einsamkeit abmildern, wenn nicht gar vertreiben kann.

Abgesehen davon muss selbst der verwirrteste Fundamentalist einsehen, dass ein imaginärer Freund helfen kann. So berichten doch Gläubige aller Religionen, dass ihnen ihr Glaube in schwierigen Zeiten behilflich sei. Aus der Sicht des Christen, ist doch wohl der Glaube an einen personalen Allah (oder Shiva oder Mutter Erde) eine Einbildung und trotzdem hilft sie.



Im dritten Teil des Beitrages werde ich den imaginären Freund im Kontext einer psychischen Störung diskutieren und das Fazit ziehen.