Mittlerweile sollte sich ja herumgesprochen haben, dass eine Hypothese falsifizierbar sein muss, um wissenschaftlich und damit überhaupt von Belang zu sein. Deutsch weist nun darauf hin, dass die bloße Falsifizierbarkeit einer Hypothese nur ein Standbein ist. Das zweite Bein soll die Auswirkung kleiner Variationen einzelner Elemente der Hypothese sein.
Um das zu zeigen, stellt Deutsch zwei Erklärungen für Jahreszeiten gegenüber. Zum einen die Erklärung der alten Griechen, welche besagt, dass Winter herrscht, wenn Persephone in der Unterwelt residiert und Sommer, wenn Persephone bei ihrer Mutter lebt. Diese Erklärung für die Jahreszeiten ist tatsächlich falsifizerbar, denn die Jahreszeiten müssten sich nach dieser Erklärung auf der Nord- und Südhalbkugel im Gleichklang befinden. Nun konnten die Griechen kaum wissen, wie das Wetter gerade in Australien ist.
Trotz der prinzipiellen Falsifizierbarkeit ist diese Erklärung eine schlechte, weil man die Details einfach variieren kann, ohne dass sich die meßbaren Auswirkungen groß ändern. So könnte nicht Persephone für die Jahreszeiten zuständig sein, sondern ihr Gatte Hades, der jedesmal zornig wird, wenn Persephone nicht da ist, um den Hausputz zu erledigen und mit seinem Zorn die Erde erwärmt. Oder Persephone könnte im Erdinneren hin und her wandern und da, wo sie ist, Sommer verbreiten. Oder oder oder...
Dahingegen folgen aus einer Variation der Details der wissenschafltichen Erklärung starke und meßbare Auswirkungen. Wenn die Erdachse nicht um die berühmten 23,44° geneigt wäre sondern um bloße 5°, dann wären die saisonalen Temperaturunterschiede wesentlich kleiner, wenn überhaupt vorhanden. Kleine Variationen in den Details führen zu hypothetisch großen Unterschieden. Und genau darin liegt die Stärke der wissenschaftlichen Erklärung.
Zum Schmunzel brachte mich Deutsch bei Minute 8, als er die Belege für die allgemeine Relativitätstheorie, der Evoltutionstheorie und der Viele-Theorie-Interpretation der Quantenmechanik gleichberechtigt nebeneinander stellt. An dieser Stelle sollte man vielleicht Deutschs eigenem Ratschlag folgen: nullius in verba - nehmt ihn nicht beim Wort!
Übrigens ist TED eine der besten Quellen für Voträge auf höchstem inhaltlichen und trotzdem verständlichen Niveau. Schon so einige Vorträge haben mich zum Nach- und sogar zum Umdenken gebracht. Oder lasst es mich mal so ausdrücken: Glaubst Du noch an Entwicklungsländer?